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Die Magie Sardiniens

Die Griechen nannten die Insel  „Sandalyon“, da ihre Form an den Fußabdruck einer Sandale erinnert. Das gilt auch in einem übertragenen Sinn: Jede Kultur des antiken Mittelmeerraums hat hier ihre Fußabdrücke hinterlassen. Nicht zur Freude der Sarden.
„Wer übers Meer kommt, ist ein Dieb“,
sagen die Sarden. Es spiegelt die Jahrtausende alte Erfahrung der Eroberung und der Plünderung der Reichtümer der Insel, aber auch des florierenden Handels. Für Touristen gilt es nicht, die werden freundlich aufgenommen.

Orune/Su Tempiesu

Trotz oder gerade wegen der vielen kulturellen Einflüsse hat  Sardinien bis heute Teile seiner eigenständigen Kultur bewahrt. Zeugnisse menschlicher Besiedelung gibt es seit 150.000 Jahren. Die Nuraghenkultur (ab 1.600 v. Chr.) hat zahlreiche beeindruckende Brunnenheiligtümer und Nuraghen (Wehrtürme) hinterlassen, die in dieser Form einmalig sind. Die Nuraghen wurden erst von den Römern militärisch besiegt. Aber Teile der einmaligen Kultur der Nuraghen haben bis heute überlebt. Griechen, Phönizier und Punier hatten eher eine Form der (wahrscheinlich auch nicht immer friedlichen) kulturellen Koexistenz praktiziert. Alle diese Kulturen haben die Insel geprägt.

Capo Conte, Sonnenaufgang

Der Cantu a Tenore und die dreiteilige Flöte aus Schilfrohr, die Launedda, sind bis heute lebendige Beispiele einer Kultur, die bis auf die Nuraghen zurückgeht. Es gibt 3.000 Jahre alte Darstellungen der Launedda in ihrer heutigen Form. Also gehen ihre Ursprünge noch weiter zurück. Die beste Dokumentation zur einmaligen Musik der Sarden hat mein Freund Peter Kalvelage für Arte erstellt. Ich hoffe, dass er nach seinem frühen Tod für immer durch die geliebte sardische Landschaft streift.
Mein Zugang zu Sardinien ist die Fotografie. Was könnte besser zu einer Insel passen, die auch die Insel des Lichts genannt wird? Der Anlass für meinen ersten Besuch waren die Wildpferde Sardiniens, die, wie die Musik, ebenfalls nur hier zu Hause sind. Die Giara de

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Wildpferd auf der Giara de Gesturi. Es ist das letzte Rückzugsgebiet der Pferde, die vermutlich von den Phöniziern nach Sardinien gebracht wurden und früher auf der ganzen Insel lebten.

Gesturi ist ihr letztes und einziges Rückzugsgebiet. Die Giara ist eine windzerzauste und von Nuraghen umgebene vulkanische Hochebene in der Mitte Sardiniens. Nach den Winterregenfällen sammelt sich das Wasser auf dem undurchlässigen Gestein in unzähligen flachen Seen, die aber bei längerer Trockenheit wie 2017 auch vollständig verschwinden können und weite, staubtrockene wüstenähnliche Flächen hinterlassen.
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Sardinien hat noch eine unschätzbar wertvolle Besonderheit: Es blieb bisher vom Massentourismus mit Bettenburgen fast vollständig verschont. Sarden treten Investoren von außen nicht gerade mit offenen Armen entgegen. Es bleibt alles in den schon vorhandenen Strukturen. Das Verbauen der Küste wurde durch ein Bauverbot in einer 500 m breiten Schutzzone verhindert.  Der Tourismus konzentriert sich auf die Sommermonate und verteilt sich ansonsten auf  B&B’s und Privatunterkünfte (Airbnb etc.), Agritourismo auf einem hohem Niveau mit guter einheimischer Küche in einem ländlichem Ambiente und meist einzel stehenden  Hotels.

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Giara de Gesturi

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Blick von der Giara de Gesturi ins Tal bei Sonnenaufgang.

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Brunnenheiligtum Su Tempiesu, bei Orune. Es blieb erhalten, weil es durch einen Erdrutsch verschüttet wurde. Die Quelle spendet noch immer Wasser.

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Sa Domu ‚e s‘ Orcu. Das Haus der Feen und des Orcu, ein menschenfressendes Monster. Ein Höhlengrab, 3.500 b.c., im Übergang zwischen dem Neolithikum und der Bronzezeit. Vollmond kurz vor Sonnenaufgang.

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Costa Verde, Porto Magu

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Wildpferd auf der Giara de Gesturi. Es ist das letzte Rückzugsgebiet der Pferde, die vermutlich von den Phöniziern nach Sardinien gebracht wurden und früher auf der ganzen Insel lebten.